Unvorstellbare Ereignisse im Februar 2022 haben auch uns in der Karpfenteichwirtschaft im letzten Jahr besondere Herausforderungen beschert. Ein unsagbares Kriegsgemetzel der Russen in der Ukraine hat alle Märkte durcheinandergewirbelt und sicher geglaubte Handelsbeziehungen zum Erliegen gebracht. Betroffen davon waren nahezu alle Branchen unserer Wirtschaft – im Besonderen aber die Nahrungsmittelerzeugung. Und so sehen wir uns heute, über ein Jahr später, einer Situation gegenüber, die unsicherer und unvorhersehbarer nicht sein könnte.
Die gesamte wirtschaftliche Situation im Frühjahr letzten Jahres war dadurch gekennzeichnet, dass nahezu keine Materialien mehr verfügbar waren und dass es schien, als ob sämtliche Lieferketten gerissen wären. Auch der Markt bei den Besatzkarpfen schien, warum auch immer, davon betroffen zu sein. Die K2 und Kl waren äußerst knapp, manche Teiche mussten deshalb leer bleiben. Überregional wurde versucht, an Besatzfische zu kommen, um die Teiche zumindest teilweise besetzen zu können.
Die nächste Hiobsbotschaft für die Karpfenteichwirte stand ins Haus, als es daran ging, Futtermittel für die anstehenden Monate zu kaufen. Die Getreidepreise waren zwischenzeitlich extrem angestiegen, sodass nicht mehr absehbar war, ob eine kostendeckende Produktion überhaupt noch möglich wäre. Auch die Kosten für Treibstoff und Strom waren unkalkulierbar in die Höhe geschnellt. Nun ging es vor allem darum, mit einem begrenzten Kostenaufwand bis in die Abfischperiode im Herbst zu kommen. Die Witterung im Frühjahr und im Sommer war nicht für alle Regionen der Karpfenerzeugung immer günstig. Die Temperaturen war nicht zu heiß, aber vor allem die in Franken ausbleibenden Niederschläge führten bei vielen Teichen in Grenzbereiche der Erzeugung.
Über alle Regionen war dennoch ein zufriedenstellendes Abwachsjahr zu verzeichnen; anfangs September sollte sich zeigen, ob dem zufriedenstellenden Wachstumsjahr auch ein kostendeckender Preis folgen würde. Landauf und landab wurde über den aufzurufenden Karpfenpreis für die Gastronomie und den Zwischenhandel spekuliert – letztendlich folgte den höheren Kosten gottlob auch ein deutlich besserer Erzeugerpreis, d. h., die gestiegenen Produktionskosten konnten vollständig gedeckt werden. Der „halbe gebackene Karpfen“ wurde zwar damit in den Wirtshäusern zum Teil deutlich teurer angeboten, aber nachdem insgesamt die Lebenshaltungskosten stark angestiegen waren, akzeptierte der Verbraucher zunächst diese Preissteigerungen.
Manche Gasthäuser strichen aber auch kurzerhand den Karpfen von der Speisekarte, weil auch Energie und Frittierfett so teuer waren. Am Ende des Karpfenjahres berichteten viele Gaststätten, dass der Gesamtabsatz insgesamt rückläufig gewesen sei, weil es sich nicht mehr alle Familien leisten konnten oder wollten, häufiger „ins Essen“ zu gehen. Festzustellen bleibt, dass der Karpfenmarkt relativ empfindlich auf Preisanhebungen reagiert und dass wir gut daran tun, mit unseren Abnehmern eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu pflegen.
Übers Jahr gesehen haben die Karpfenteichwirtschaft auch die üblichen Probleme mit den Pradätoren wieder stark begleitet. Kormorane und regional die Gänsesäger sorgen nach wie vor für erhebliche Verluste bei den Satzfischen; im östlichen Bereich unseres Verbandsgebiets ist der Fischotter mit seinen Raubzügen schon zur kaum noch .zu ertragenden Plage geworden. Nicht zuletzt deswegen geben immer mehr alteingesessene Bewirtschafter ihrer Teiche auf; wir verlieren dadurch unwiederbringlich einen Teil unserer kulturellen Vielfalt und der Biodiversität.
In unserer Verbandsarbeit ging es darum, die Abarbeitung der auslaufenden Förderperiode im EMFF zu begleiten. Die sog. „Ukrainehilfe“, die zum Schluss noch aus dem Etat für aktive Teichwirte angeboten wurde, half uns, die Liquidität der Betriebe zu verbessern – wir hätten aber gerne auch eine Auszahlung dieser Hilfe an die kleinen Betriebe für sinnvoll und notwendig erachtet.
Das EU-Nachfolgeprogramm EMFAF für die Förderperiode 2021-2027 ist zwischenzeitlich aufgelegt, die Antragstellung seit April dieses Jahres möglich. Es handelt sich wieder um ein Investitions-Förderprogramm mit attraktiven Fördersätzen für die Teichwirtschaft. Teichwirte, welche dieses Programm nutzen wollen, tun gut daran, geplante Investitionen sorgfältig zu kalkulieren, damit es keine Fehlplanungen und keine wirtschaftlichen Probleme in den Betrieben gibt.
Im Programmangebot findet sich auch eine Fördermöglichkeit für Betriebe, die ihre Teichwirtschaft auf Bioproduktion umstellen möchten. Nach der Förderung von zwei Umstellungsjahren wird auch die Weiterbewirtschaftung in den Folgejahren gefördert. Leider wurde mit der finanziell zu schwachen Ausgestaltung die Chance verpasst, Teichwirten wirklich die Möglichkeit zu geben, diesem immer bedeutender werdenden Marktsegment auch beim Karpfen ,,auf die Sprünge“ zu helfen.
Im Frühjahr 2023 wurde ein neues KULAP-Programm für die Teichwirtschaft aufgelegt, das deutlich verbesserte Bedingungen und Prämien aufweist. Nachzulesen sind diese Fördermöglichkeiten auf den Internetseiten der Landwirtschaftsämter. Wir hoffen, dass die KULAP-Altverträge im nächsten Frühjahr auf die neuen Bedingungen umgestellt werden können, damit alle Teilnehmer von den verbesserten Bedingungen profitieren können.
Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern des Karpfenausschusses für ihre wertvolle, ehrenamtliche Mitarbeit.
Johann Hausmann, Vorsitzender im Karpfenausschuss VBB