Viele Flüsse sind durch Stickstoffeinträge belastet. Wie groß diese Einträge sind, in welchem Umfang sie abgebaut werden und welchen Anteil die Auengebiete daran haben, hat ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) nun erstmals für das Donau-Einzugsgebiet untersucht. Die Ergebnisse zeigen, wie sinnvoll die großräumige Renaturierung von Flussauen für eine bessere Wasserqualität ist.
Flussauen gehören zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde. Weil sie die Schnittstelle zwischen Land und Wasser bilden, sind sie Hotspots von Nährstoffumsätzen und Biodiversität. Entlang vieler Flüsse wurden jedoch zahlreiche Auen von den Gewässern abgeschnitten oder umgenutzt. Zugleich gelangen zu viele Nährstoffe ins Wasser, vor allem Stickstoff. Beides verschlechtert die Wasserqualität und bedroht die Artenvielfalt – sowohl in den Flüssen selbst als auch in den Meeren, in die sie münden.
Dabei haben Flüsse in gewissem Umfang die Fähigkeit, Nährstoffe im Flusswasser selbst sowie in den Flussauen abzubauen. Wie groß der Beitrag von Auen zur Reduzierung von Stickstoff ist, haben Forschende im Rahmen des internationalen Kooperationsprojekts IDES für das Einzugsgebiet der Donau ermittelt. ,,Das Besondere unserer Untersuchung ist, dass wir erstmalig ein so großes Gebiet betrachtet haben, denn die Donau hat das zweitgrößte Einzugsgebiet Europas“, sagt !GB-Wissenschaftler und Ko-Autor Dr. Andreas Gericke.
Das Donau-Einzugsgebiet hat eine Fläche von mehr als 800.000 km2 und erstreckt sich über 19 Länder. Etwa 70 bis 80 Prozent seiner Auen wurden den vergangenen Jahrzehnten vom Fluss abgetrennt oder in Agrarflächen umgewandelt und damit ihrer Ökosystemfunktionen und -leistungen beraubt. Die Forschenden wollten nun wissen, welchen Anteil am Nährstoffrückhalt die verbliebenen aktiven Auen haben. Dazu nutzte das Team das am IGB entwickelte Modell MONERIS, mit dem Nährstoffeinträge aus verschiedenen Quellen – darunter Atmosphäre, Düngereinsatz in der Landwirtschaft und Kläranlagen – bestimmt werden und ihr Verbleib sowie Transport im Flusssystem berechnet werden können, Demnach gelangen jährlich 500.000 Tonnen Stickstoff in die Gewässer des Donau-Einzugsgebiets, überwiegend als Nitrat. Die meisten Einträge stammen aus der Agrarwirtschaft (44 Prozent) und aus urbanen Quellen (30 Prozent). Zwei Drittel dieser Einträge erreichen das Schwarze Meer, ein Drittel oder 160.000 Tonnen werden in den Gewässern abgebaut.
Um herauszufinden, wie groß der Anteil der Auen am Nitrat-Rückhalt ist, ergänzte das Team die MONERIS-Berechnungen um weitere Modellierungen für die Donau sowie deren Zuflüssen Save, Theiß und Jantra. Dort finden sich 3842 km2 Flussauen und damit knapp die Hälfte aller aktiven Flussauen im Donau-Einzugsgebiet. ,,Das meiste Nitrat wird im Gewässernetz abgebaut, etwa indem Stickstoff von Plankton aufgenommen oder durch Bakterien umgewandelt wird (Denitrifikation). Aber auch die Auen können zu einem nicht unerheblichen Teil zum Nährstoffrückhalt beitragen“, berichtet Andreas Gericke. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktiven Auen 33200 Tonnen Nitrat jährlich abbauen, was einem Anteil von 6,5 Prozent des Eintrags entspricht. Die Forschenden schätzen auf Basis der Modellergebnisse, dass der Nitratabbau um 14,5 Prozent erhöht werden könnte, wenn die rund 1300 km2 potenziell renaturierbaren Altauen und Altarme wieder an die Hauptläufe angeschlossen würden.
,,Unsere Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass es sinnvoll ist, Auen zu erhalten und ihre Funktionen wiederherzustellen – nicht nur wegen ihrer Fähigkeit, Nährstoffe abzubauen, sondern auch zum Erhalt der Artenvielfalt neben vielen weiteren Ökosystemleistungen“, betont Martin Tschikof vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der BOKU. Er ist der Hauptautor der Studie. Die vereinfachten Annahmen und Daten erlauben zwar nur eingeschränkte Aussagen. Sie sind jedoch eine gute Basis für eine bessere Berücksichtigung der Auen und deren Wiederanbindung für eine gute Wasserqualität in den großen Flussgebieten Europas.
Dr. Andreas Gericke
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)